Tourenwoche Bergell TW (S/B/ZS) Gunther Karpf

Tourengruppe/-TypJO (14-22J), Sektion, Skitour
Startdatum2.4.16
Enddatum8.4.16
Anmeldeschluss1.4.16
Anmeldenhttps://touren.sac-hoherrohn.ch/tours/view/5c93df2b-6aa0-4b05-ae29-0006ac120019
Beschreibung

2.4.2016-8.4.2016 [Sa-Fr] Diese Tourenwoche ist gedacht für selbstständige Skialpinisten.
Eine anspruchsvolle Tourenwoche, zum Teil muss mit aufgebundenen Ski geklettert werden, das Essen für 2-3 Tage (Übernachtung in Winterräumen)tragen wir selbst.
Zu Beginn der Tourenwoche solltet ihr schon ein paar tausend HM absolviert haben.
Zur Vorbereitung treffen wir uns Ende März in der Villa.
Maximale TN 5

Die obigen Angaben stammen aus unserem Tourenreservationssystem (climbIT).

Tourenbericht

TeilnehmerInnen
Francesca Walther, Monika Boos, Christoph Müller, Gunther Karpf
Verhältnisse
Föhnsturm, Saharastaub, Nassschnee, Wolken, wenig Sonne, zeitweise erhebliche Lawinengefahr,insgesamt schlechte Tourenbedingungen

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Für unsere Tourenwoche hatte uns Gunther einen ehrgeizigen Plan im Berner Oberland zusammengestellt (das Bergell hatten wir zu diesem Zeitpunkt wegen Schneemangels abgeschrieben), welches u.a. das Wetterhorn, Gr. Grünhorn, Dreieckhorn und Aletschhorn beinhaltete. Unglücklicherweise spielte das Wetter nicht ganz mit. Nichtsdestotrotz haben wir uns dann aber, denke ich, doch recht wacker geschlagen (die Meinung des Tourenleiters ist hier dem Schreiber, allerdings dann doch nicht ganz klar ;-)).

Die Tourenwoche fing mit einer kleinen Diskussion an, ob wir uns in Meiringen vor dem Start noch ein Tasse Kaffee erlauben sollten (konnten wir uns erlauben). Nach einer Aufteilung der Verpflegung für die Nacht/Frühstück (je nach Konsumierungswillen) gingen wir dann auch schon den Aufstieg ins Rosenlauibiwak an. Die Hänge in den Engelhörner sahen recht rutschfreudig aus und wir bleiben deshalb so lange wie möglich auf der westlichen Seite des engen Tals. Danach auf eine Moräne und über ein ~ 45 ° Couloir auf die Tossenpletsch und in einem schönen Bogen zum Biwak. Zu unserer Überraschung war das Biwak trotz der miserablen Wetteraussichten (Föhnsturm) mehr oder weniger voll (10 Leute): eine welsche 3er Gruppe, eine Berner 3er Gruppe und unser Multikulti-haufen (1x Bergell, 2x Bayern und 1 x Sachsen). Das Biwak hat keinen Ofen, d.h. die Gaspatronen für den Kocher müssen selber mitgebracht werden. Wir verbrachten dann auch die meiste Zeit damit Schnee zu schmelzen, allerdings wurde es dann mit 3 Gaskochern und 10 Leuten auf engstem Raum dann doch recht warm. Abendessen war lecker (Mischung aus verschiedenen Suppentüten, Teigwaren und Dessert + 1 Flasche Rotwein). Angeblich schliefen alle gut, bis auf den Schreiber, der aus, im Nachhinein unerfindlichen Gründen, meinte auch seinen Rucksack in der Koje platzieren zu müssen. Nach einem kurzen Frühstück mit Baguette, Marmelade, Butter und Kaffee ging es dann los. Zuerst zum Gletscherbruch des Rosenlauigletschers, welcher von Ost nach West auf 2500-2700 Hm gequert wird (angeseilt), danach Richtung Wetterhornsattel (3200 m), wo uns der Föhnsturm dann auch schon spektakulär empfing. Am Sattel kurz Traversieren und 50 Hm runter und im Sturm weiter auf dem oberen Teil des Hengsterengletschers bis auf ~ 3500 Hm, wo das Skidepot gemacht wurde. Hier bewaffneten wir uns mit Eisgerät und Steigeisen. Wegen der Schneelage versuchten wir nun die Ostflanke direkt hochzukommen (um nach ~ 2/3 des Fussmarsches auf die Normalroute zu gelangen). Nach den ersten 50 Hm fiel aber auf, das ein Ski eines anderen Tourengängers aus dem Depot geflogen war und schon ~ 50 Hm weiter unten lag. Gunther entschloss abzusteigen und den Ski zu retten. Inzwischen waren die ersten unsere Gruppe zu einer Traverse gelangt die allerdings über eine schlecht zu beurteilende Eisplatte ging. Wir entschlossen uns, dass dies im Föhnsturm ohne Sicherung zu heikel war und stiegen wieder zum Skidepot ab. Dort hiess es nun wieder Skier an und Richtung Wetterhornsattel und weiter Abfahren aufs Gletscherplateau, 2960 m. Dort hiess es im Sturm wieder Anfellen und Richtung Westliche Wätterlimi (3220 m). Dort wurde das Laufen gegen den Sturm schon zu einer rechten Herausforderung. Wenn man bedankt, dass es den schwersten Brocken in der Gruppe (85 kg, ohne Kleidung ;-)) in der Tat umgehauen hat, wurden die prognostizierten Windböen von > 100 km/h wohl wirklich erreicht. Die Aufstiegstechnik bestand darin, in geduckter Körperhaltung mit nach hinten verkeilten Skiern geduldig abzuwarten, bis sich die Böen auf ~ 70 km/h reduzierten, dann 10 oder weniger Schritte „schnell“ weiter und wieder wegducken. Die „paar“ Höhenmeter dauerten eine Ewigkeit, aber irgendwie erreichten wir dann doch die Wätterlimi und fuhren mit Fellen zuerst mal 100 Hm in eine „ruhigere“ Stelle ab, an Abfellen war in dem Sturm an der Limi nicht zu denken. Zuletzt auf dem Gauligletscher runter auf 2600 Hm, steil travesieren, um nicht zu viel Höhe zu verlieren, aber trotzdem nochmal kurz Anfellen, an dem Propeller eines abgestürzten amerikanischen Flugzeugs vorbei (Beginn der Schweizer Luftrettung) und dann Abfahrt zur Gaulihütte. Alle, mit Ausnahme von einer Person, konnten selbst hier noch Regel Nr. 1 des Tourenleiters befolgen (egal wir kaputt man ist, bei der Ankunft in der Hütte muss man entspannt wirken). Aber nach einem Nickerchen auf dem Tisch, 300 gr Zucker und einer heissen Schoggi erwachte auch diese Person wieder und fing sich wieder an zu bewegen ;-). Die Hütte war verpflegungstechnisch super. Da es am nächsten Tag immer noch stürmen sollte, entschlossen wir uns über das Ränfenhorn (3255 m) wieder nach Rosenlaui zu kommen, da wir noch unseren Müll aus dem Biwak abholen mussten. Also ging es am nächsten Tag bei Tagesanbruch wieder los Richtung Gauligletscher, immer von einem 2er Team des DAV verfolgt. Wer den Gunter kennt, weiss aber (bzw. kann sich schon mal mental drauf vorbereiten), dass es in dieser Situation ein flottes Tempo werden wird. Wir waren dann auch recht zügig auf dem Gipfel ;-), bei dem es wie gehabt stürmte, aber inzwischen war man ja daran gewöhnt und die teilweisen Sonnenstrahlen (ich hoffe das war keine Einbildung), machten, das Ganze eigentlich gar nicht zu unangenehm. Die Abfahrt über den Rosenlauigletscher (vor allem durch den Bruch, diesmal auf der östlichen Seite), brauchte dann doch noch einmal Konzentration, da es sehr hart bzw. vereist war und der Sturm einen Schneeteppich zauberte, der das Erkennen der Spalten doch erheblich erschwerte. Danach holte Gunther den Müll vom Biwak ab und wir trafen uns wieder am Couloir, das aber heute knüppelhart war; d.h. gerutscht oder gesprungen (im Nachhinein war rutschen definitiv die schlauere Variante) durchs Couloir und Querung unter dem Gletscherbruch auf eine flache Ebene und zurück nach Rosenlaui.

In einer Bäckerei in Meiringen hat auch der zweite Teil der Skitouren-Woche angefangen. Von der Idee auf dem Jungfraujoch zu fahren, die Nacht in die Mönchjochhütte und anschliessender Überschreitung vom Grünhorn und und und… mussten wir uns wegen der sehr schlechten Wetterprognosen m stürmischen Wetter verabschieden. Gründliches Wetter-Studium. Im Süden und Südosten der Alpen scheint das Wetter besser zu sein. Gran Paradiso oder Piz Buin soll unser weiteres Ziel heissen. Wir fahren nach Hause mit der Idee am nächsten Tag wieder Richtung schönes Wetter zu fahren. Gunther, Christoph und ich treffen und am Dienstagmorgen in Wädenswil und fahren ins Bergell: Ursprüngliche Ausschreibung der Tourenwoche. Da wo zwei SAC Hoher Rohn Hütten liegen. Da wo ich her komme.
In Maloja angekommen fahren wir zum Stausee Orden wo wir das Auto lassen. Bei der Brücke in Salecina steigen wir auf unseren Ski. Es ist bewölkt. Die Berge teilweise im Nebel. Nichtsdestotrotz geniessen wir das Laufen, die Ruhe der Arven Wälder, die vielfältige Farben. Der Südwind hat Sahara-Staub in den Alpen gebracht. Die Mischung aus Wind, Treibschnee und Sahara-Staub hinterlässt ganz interessante Muster im Schnee. Das Eis vom Cavloccio-See ist am Schmelzen: Türkisblau. Wir laufen der Orlegna (Fluss) entlang. Mal rechts mal links. Der Fluss ist nicht mehr ganz gefroren. Ab und zu müssen wir über grün-blauen Sorbet-Eis laufen. Wir hoffen, dass es hält. Auf dem Rückweg hat es nicht gehalten. Gunther meint das Wasser fühlt sich kalt an. Am Forno-Gletscher angekommen stehen wir vor der Entscheidung die Spur nach Osten zu folgen (Hüttenweg-Sommer) oder weiter auf der Moräne zu bleiben und den Hüttenweg-Winter zu folgen. Wir entscheiden uns für den Winterweg. Laufen am warmen Hang geht gut. Die letzte 300 Höhenmeter zur Hütte sind steil: Couloir bis zu 40° steil. Rechts von uns Steinlschlag. Wir besprechen die Situation. Lawinen (Brett-/ Gleitschneelawine) ok, wir befinden uns nicht in Steinschlaggefahr. Wir gehen.

Am nächsten Tag testen wir die andere Variante (Hüttenweg-Sommer). Der Weg ist ebenfalls steil (um die 35°). Die Lawinensituation muss berücksichtigt werden. Das Laufen geht jedoch viel besser. Mein Favorit.

Mittwoch: Schön-Wetterfenster. Am Donnerstag wird laut Wetterprognose wieder schlechter. Erhebliche Lawinensituation wegen für sowohl Triebschnee und Nassschnee. Die Tage davor hat es stürmische Winde gegeben. Wir brechen Richtung di Cima di Val Bona auf. Laufen geht gut. Tempo obwohl zügig ist angenehm. Entspanntes Atmen ist möglich. Am Sattel angekommen widmen wir den ersten Blick dem Hang dahinten. Wir wären gerne in die Val Bona Richtung Italien und denn über die Sella del Forno zurück zur Forno Hütte. Im Hang hat es viel Schnee, Treibschnee. Der Hang ist steil. Meine Beine hätten sehr gerne ein paar Schwünge in diesem Hang gemacht. Es ist zu heikel. Wir kehren zurück. Geniessen die Abfahrt sehr.
– Der Schnee hat die perfekte Konsistenz.
– Panorama 1a: Cima die Rosso Nordhang auf der linken Seite. Im Hintergrund, Richtung Albigna imposante Granit-Spitzen. Irgendwo Cima di Castello, Punta Rasica (Mammut-Werbung?), Torrone Centrale (ein Berg, keine Süsssigkeit), Monte Sissone.

Am Donnerstag als wir aufstehen ist das Wetter noch einigermassen in Ordnung. Nach einem exzellenten Frühstück in der Forno Hütte brechen wir Richtung Sella del Forno auf. In der Nacht hat es 5cm geschneit. Die Landschaft ist wieder weiss. Sahara-Staub ist nur in unseren Spuren sichtbar. Von der Sella der Forno steigen wir gegen Norden Richtung Monte del Forno auf. Der Sommerweg ist mit blau-weissen Stangen markiert. Ski Depot auf ca. 3000 müm. Weiter geht es zu Fuss. Eine dicke Kette wurde für die nächsten 100 Höhenmeter eingerichtet. Wir als Alpinisten (Anspielung an Gunthers Ausschreibung) gehen mit einem Stock ausgerüstet da entlang. Das nächste Mal werde ich mein Klettergurt anziehen. In meinem Rucksack am Ski Depot hilft er mir wenig. Das Kreuz am Gipfel ist bis zur Mitte eingeschneit. Kann als Bank benutzt werden. Von der Sella der Forno fahren wir Richtung Muretto runter. Wir geniessen die Abfahrt. Ich verwerfe meine Pläne für diese Saison mit den Touren aufzuhören. Ich habe noch nicht genug. Es ist zu schön.
Für die 150 Höhenmeter bis zum Muretto-Pass fällen wir wieder an. Es ist eine wunderschöne Landschaft. Möchte im Sommer auch Mal hier entlang laufen.

Zusammengefasst hatten wir eine wunderschöne Woche obwohl wir uns dem Wetter anpassen mussten. Die Unterkunft in der Forno-Hütte ist jedem nur zu empfehlen. Wir wurden herzlich aufgenommen. Das Essen, Schweizer-Küche, mit Liebe zubereitet. In der Hütte habe ich das Buch, das mein Leben verändern sollte gefunden: „Anleitung zum Unglücklich sein“. Ein Ziel, das ich mit solchen Bergkollegen und Hüttenwärtern nie erreichen werde.

BerichterstatterIn
Francesca Walther, Christoph Müller