Goldberggruppe Rauris A TW (S/B/ZS) Andreas Walder

Tourengruppe/-TypSektion, Skitour
Startdatum10.4.11
Enddatum16.4.11
Anmeldeschluss31.1.11
Anmeldenhttps://touren.sac-hoherrohn.ch/tours/view/5c93df38-b94c-4b14-89cd-0006ac120019
Beschreibung

10.4.2011-16.4.2011 [So-Sa] Skitourenwoche mit Bergführer Franz Zürcher
Unterkunft Alpengasthof Ammerenhof

Goldberggruppe Rauris, Alpengasthof Ammererhof, 1628 m.ü.M. Lange Ski-
Hochtouren im stillen Rauriser Tal. Das Rauriser Tal ist die beschauliche Schwester
des mondänen Gasteinertals, gleich in der Nachbarschaft. Bis heute sind einige der
schönsten Skitourengipfel der Ostalpen fast ein Geheimtipp. Lange Anstiege,
faszinierende Abfahrten. Alle Touren beginnen vor der Haustür. Talort: Rauris, 948
m.ü.M. Sonntag

Die obigen Angaben stammen aus unserem Tourenreservationssystem (climbIT).

Tourenbericht

TeilnehmerInnen
Erika Frick, Michi Kirsch, Christian Wirz, Bettina Tondury, Christine Meier, Andreas (Mini) Walder, Lukas und Edith Röthlisberger, Ruedi Sperb, Jürg Rellstab TL: Franz Zürcher (Bergfüher), Andreas Walder
Verhältnisse
2 Tage schön und warm, wenig Schnee danach Schneefall, kühler

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Gipfelziele:
Montag: Hocharn, 3’254 m (1’700 m Aufstieg)
Dienstag: Hoher Sonnblick, 3’106 m (1’500 m Aufstieg)
Mittwoch: Kolkarspitz, 2’529 m und Filzenkämmfelsen, 2’397 m (1’600 m Aufstieg)
Donnerstag: Schareck, 3’122 m (1’600 m Aufstieg)
Freitag: Goldbergspitze, 3’070 m (1’600 m Aufstieg)

Bei strahlendem Frühlingswetter gings am Sonntag mit dem IWS Sport-Bus via Innsbruck – Zell am See ins Rauris-Tal. Die einen mussten noch etwas Schlaf nachholen, da sie erst wenige Stunden vorher mit dem Flugzeug aus dem ‘Trainingslager’ in Norwegen gelandet waren und kaum Zeit zum Umpacken gehabt hatten, geschweige denn zu schlafen. Auf der langen, 8-stündigen Reise zweifelte manch einer in der Gruppe je länger je mehr daran, ob wir überhaupt noch Schnee finden würden, oder doch nicht besser an einer der warmen Felswände unterwegs schon halt machen sollten… Doch kaum waren wir Richtung Rauris abgezweigt, tauchten tatsächlich noch ein paar weisse Gipfel vor uns auf! Unser Hotel lag zu hinterst im Talkessel, welcher zum Nationalpark Hohe Tauern gehört, und war umringt von mächtigen Gipfeln. Kleine, gemütliche Zimmer sowie Verwähnung mit sagenhafter österreichischer Gastfreundschaft mit feinem, währschaftem Essen warteten für die kommenden sechs Tage auf uns.

Gemäss Programm wären wir sanft in die Tourenwoche eingestiegen und hätten täglich etwas an Höhenmetern zugelegt. ‚Hätten‘, wenn da nicht auch der Wetterbericht ein Wörtchen mitgeredet hätte: auf Dienstag war nämlich eine Kaltfront mit starken Niederschlägen angekündigt. So wurde das Programm von Franz sinnvollerweise einfach umgedreht, um die schönen Tage möglichst noch auszunutzen. Wir begannen also gleich mit dem Hocharn, dem höchsten Gipfel der Gegend.

Montag, 11.4.2011:
Die ersten paar Meter mussten wir die Skier noch buckeln. Beim Überqueren der kleinen Holzbrücke über den Bach, schwupps, lag Lukas auch schon auf dem Steg und seine Skis, samt aufgeklebter Felle, im Bach. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die Brücke leicht vereist war. Schnell war alles eingesammelt und wir trotteten weiter. Endlich die Skis an den Füssen, erwiesen sich die ersten Meter Aufstieg über das ruppige, hart gefrorene Gelände für alle als recht herausfordernd: es war eine Kunst, auf dieser völlig verfahrenen ‘Buckelpiste’ die Harscheisen so zu setzen, dass sie auch Halt fanden! Weiter oben kamen wir dann aber auf angenehmeres Gelände und gewannen, zwar immer noch steil, aber mit weniger Kraftaufwand, stetig an Höhe, mit den Skis beinahe bis auf den Gipfel. Nur die letzten paar Meter mussten wir noch zu Fuss gehen. Franz meinte zwischendurch etwas zermürbt, der Aufstieg mit uns sei wie mit einer Horde Schafen und Geissen gewesen; jeder war, in seinem Uebermut gerade dort lang gegangen, wo es ihm gerade gepasst hatte. – Nicht einfach für einen Bergführer, so noch Kontrolle über die Gruppe zu haben!
Kurzer – windiger – Gipfelgenuss mit Gratulation, Fotos, Kirschstängeli von Michi, beim Skidepot noch einer Mittagsrast und schliesslich Abfahrt über herrliche, steile Sulzschneehänge zurück ins Tal. Franz‘ Nerven wurden bis zum Schluss arg strapaziert; jeder fuhr mehr oder weniger gerade dort, wo er es besonders schön fand… und prompt endeten Erika und Lukas auf einem Steinhaufen, weil sie nicht mehr rechtzeitig bremsen konnten! Passiert ist zum Glück nichts. – Wir versprachen Besserung für die folgenden Tage. Gemütlicher Tagesausklang im Garten des nahen Naturfreundehauses mit Riesenportionen Kaiserschmarrn – so gross, dass sogar Michi kapitulieren musste!

Zur Nachmittagsroutine gehörten üblicherweise dann noch ein friedliches Nickerchen und lesen für die einen und für Michi diszipliniertes (Frohn-)Arbeiten am Laptop, denn sein Wochenziel als Mitglied der Hüttenkommission war es, die bestehenden Pläne der Sciorahütte zu digitalisieren, um sie Ende April für die Planung des Umbaus verfügbar zu haben. An dieser Stelle herzlichen Dank, Michi, für die -zig Stunden Arbeit!

Dienstag, 12.4.11:
Am zweiten Tag gings bei schon recht bedecktem Himmel los Richtung Hoher Sonnblick. Auch hier mussten wir die Skis zuerst ein Stück den Sommerweg hoch tragen, doch, obschon steil, bei Weitem mit weniger ‚Geochse‘ als am Vortag. Diese Tour war landschaftlich sehr abwechslungsreich. Sonne und Nebel wechselten sich ab. Interessant war unsere Pause bei der Ruise des Radhauses, welches vor 180 Jahren für den Antrieb der Wasserturbine für die Bergwerkseilbahn errichtet worden war. Schon im 15. und 16. Jh. wurde nämlich im Gebiet von Rauris Gold abgebaut.
Franz wählte eine super Route, so, dass wir eine andere Gruppe, welche eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen war, bald überholten und lange vor ihr auf dem Gipfel ankamen.
Auf dem Gipfel thronen ein mächtiges Observatorium sowie eine gemütliche Hütte. Um die warme Stube mit Kachelofen waren wir alle froh, denn draussen war es inzwischen doch recht garstig geworden. Gipfelkuss also für einmal an der Wärme! Danach liessen wir uns mit deftigen Suppen und Röstis mit Spiegelei verwöhnen, bevor die Abfahrt – dismal schön diszipliniert einer nach dem anderen – durch dicken Nebel in Angriff nahmen. Franz und GPS fanden den Weg jedoch suverän! Im untersten Drittel begann es dann noch gnadenlos zu regnen, so, dass wir fast gezwungenermassen im Naturfreundehaus noch einen Halt einschalten mussten, um auch noch die anderen Köstlichkeiten, wie warmer Apfelstrudel und Topfenkuchen auszuprobieren.

Aus Regen wurde bald Schneegestöber und wir alle waren gespannt auf den folgenden Tag…

Mittwoch, 13.4.11:
Dicke Schneeflocken beim Start. Viel Neuschnee hatte es über Nacht aber nicht gegeben. So ging es heute relativ sanft Richtung Duchgangsalm hoch und weiter Richtung Kolmkarspitz. Je höher wir stiegen, desto stürmischer wurde es. Die letzten wenigen Meter auf den Gipfel ging es noch zu Fuss. Die Abfahrt zurück zur Durchgangsalm waren so ein Genuss, dass nach einer ausgiebigen Jausepause vor dem Schuppen allen klar ist: wir haben noch nicht genug und wollen nochmals hoch fellen und die wunderschönen Pulverhänge fahrenfahrenfahren! Irgendwann sah Michi den Reiz eines steilen Couloirs… also machten wir uns in unzähligen Spitzkehren den Hang hinauf. Für die einen eine willkommene Repetition von Spitzkehren in steilem, hartem Gelände und für Bettina eine Einführung ins hochalpine Skitouren. Bei all den Profis und Gentlemen, die wir bei uns hatten, war dies eine perfekte Übungssituation. Mit einem kurzen Fussaufstieg erreichten wir die Filzenkämmfelsen, 2397müM.. Das Couloir war herrlich zum Fahren – und dann noch all die Pulverhänge, die einfach so auf uns gewartet haben. Zurück im Ammererhof genossen wir das Bier und die feinen Österreichen Spezialitäten. Und wir staunten ab den Erzählungen der Wirtin Louise, wenn sie uns zum Beispiel erzählte, wie ihre Mutter im Dezember vor rund siebzig Jahren hochschwanger alleine mit den Skis vom Hohen Sonnblick ins Tal hinunter fuhr und in Salzburg das Spital aufsuchte…

Donnerstag, 14.4.11
Aus „machen wir das Beste aus dem Tag…“ wurde ein sehr abwechslungsreicher und eindrücklicher Tourentag. Wir sind bei Schneefall und grau-in-grau gestartet. Heute jedoch fühlten wir uns wie an Weihnachten, da unsere Rauriswelt mit frischem Pulverschnee bedeckt worden ist. Wir fellten den bekannten Weg zur Ruine und weiter die steile Flanke zur Fraganter Scharte hoch. Die Sonne drückte zwar durch die Wolken, wurde ihnen aber nicht Meister –Meister in der Höhe war der Wind. Die ganze Gruppe folgte dem Vorschlag von Franz, dass wir trotz den unwirtlichen Verhältnissen die Tour weiter ziehen. Franz und Mini prüften die Schneeverhältnisse Richtung Mölltal und fanden ein sicheres Couloir. Die Steilheit war nicht zu unterschätzen, vor allem da der Untergrund recht hart war. In der Ebene klebten wir die Felle auf und machen uns auf den Weg zum Schareck. Entgegen der Befürchtungen von Erika mussten wir nicht neben dem Lift hoch marschieren (wir waren in einem Skigebiet angelangt), sondern machen es uns auf der Sesselbahn bequem – sogar gratis, da der Liftbediener mit uns, bzw. mit Franz Mitleid hatte;-). Von der Bergstation gingen wir rund 200m zum Skidepot und weiter zu Fuss über einen ausgesetzten Grat. Bei diesen hochwinterlichen, stürmischen Verhältnissen hatte der Schareck, 3122müM. einen ausgesprochen alpinen Charakter. Der Gipfelgenuss war herrlich – schnell waren wir wieder im Skigebiet und wärmten uns in der Pistenbeiz auf. Der Aufstieg über die Scharte gestaltete sich spannend: Michi und Franz hauten uns kurzerhand, mit grosser Fachkenntnis und Energie eine Stiege in die 120m hohe, harte Flanke hinein, so, dass die restliche Gruppe komfortabel die Scharte erklimmen konnte. Die Pulverschneeabfahrt war super – oder vielleicht: sie wäre es noch mehr gewesen, wenn doch die Sicht besser gewesen wäre… wir genossen aber so oder so den frischen Schnee! Bei diesen herausfordernden Verhältnissen erlebten wir eine ganz spezielle, anspruchsvolle Tour – und unsere Befriedigung begossen wir abends mit Zirben, Marillen und Goldwasser, ganz nach dem eigenen Gusto.

Freitag, 15.4.2011:
Oh je: bereits der letzte Tourentag. Immer noch Schneegestöber. Das ganze Tal war nun wirklich tief winterlich eingepackt. Zum dritten Mal gings erneut Richtung Ruine des Radhauses hoch. Von Sicht immer noch keine Spur, aber wenigstens war es etwas wärmer geworden – für Ruedi und Jürg, keine Frage, ganz klar T-Shirt-Wetter! Nach einer Pause bei der Ruine stiegen wir weiter zum Firn des Hohen Sonnblicks hoch, zweigten diesmal dann aber links zu einem Uebergang ab. Hinter dieser Scharte ging es dann über Südhänge immer steiler werdend Richtung Skidepot. Zum Glück lag relative wenig Neuschnee im Schlusshang, so, dass wir ihn gefahrenlos begehen durften. Gerne hätten wir den Gipfel zu Fuss überschritten, was Michi und Ruedi mit auf geschnallten Skis dann schon einmal rekognoszieren gingen. Oben angekommen winkten sie jedoch ab: der Abstieg über den anderen Grat ware viel zu gefährlich gewesen! So folgten wir anderen ohne Gepäck über leichte Felsen auf den Gipfel. Nun zeigten sich – beinahe wie bestellt – sogar noch etwas die Sonne und die umliegende Landschaft! – Ein herrlicher Gipfel. Wieder zurück beim Skidepot entdeckte Franz mit seinem geübten Auge eine interessante Variante für die Abfahrt: zuerst steil ein paar Schritte zu Fuss, dann gleichermassen steil auf den Skiern abrutschend und weiter unten offenbarte sich ein herrlicher, schön steiler Pulverschneehang für ein paar prächtige Schwünge.
Den weniger geübten half eine Reepschnur auf den ersten Metern und Ruedi sowie Mini assistierten beim Material. Unten angekommen klebten wir die Felle wieder auf, um nochmals knapp 100 m aufzusteigen. Die knapp gewordene Zeit, respektive die Schneeverhältnisse, erlaubte es nicht mehr, nochmals auf dem nahen Hohen Sonnblick einkehren zu gehen. Die Abfahrt aber war ein wahrer Genuss: wir zogen herrliche Kurven in den Neuschnee. Dann kam halt wiederum der Nebel, aber Franz fand einmal mehr punktgenau die ideale Route.
Sicher kamen wir alle am Ausgangspunkt an. Zum letzten Mal unterstützten wir das Naturfreundehaus und konsumierten in rauhen Mengen Radler, gespritzten Apfelsaft und Apfelstrudel.

Schon länger kursierte die Frage, ob wir – strahlendes Wetter vorausgesetzt – wohl am Samstag, vor der Abreise, nochmals auf den Hocharn steigen sollten. Lust und verbleibende Kräfte der einzelnen Teilnehmer erwiesen sich als ziemlich divergierend. Auch die Wettervorhersage war nicht ganz eindeutig. So entschieden wir uns schliesslich für die Heimrreise ohne vorangehendeTour und genossen stattdessen den Schlussabend noch etwas ausgiebiger – und feuchter. Nach dem Nachtessen zeigte uns Michi noch die Rohversion seines während der Woche gedrehten Videos, was sehr amüsant war.

Am Samstag hätte sich manch einer über den Beschluss, nicht mehr auf den Hocharn zu steigen, die Haare ausreissen können: der Tag hätte NICHT strahlender sein können…! Also packten wir unsere sieben Sachen in den Bus – mit ab und zu einem wehmütigen Blick hoch zu den Gipfeln.

Franz: dir nochmals ganz herzlichen Dank für die interessanten, abwechslungsreichen Touren, welche du uns ermöglicht hast. Mini: dir vielen Dank für die Organisation dieser unvergesslichen Woche!

BerichterstatterIn
Edith Röthlisberger, Christine Meier