Klettern in El Chorro Spanien

Startdatum13.5.08
Enddatum13.5.08

Tourenbericht

TeilnehmerInnen
Andreas Walder, Esther Gresch, Bruno Müller
Verhältnisse
Sau guet!

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Der aufmerksame Leser meiner Berichtserie über unsere Kletterferien jeweils im Frühjahr erinnert sich vielleicht noch an die Frage im letzten Satz des letzten Berichtes (wohin im nächsten Jahr?) und findet die Antwort schon im Titel des diesjährigen Berichts. Diesmal hat sich Mini für ein „altes“ Klettergebiet mit Renaissance-Potential entschieden. Im Hinterland von Malaga in Südspanien liegt das Gebiet von El Chorro, wildromantisch an einem Ausgleichsbecken von grösseren Stauseen im noch weiter entfernten Hinterland, abgetrennt durch eine Schlucht.
Geklettert wird sowohl in der Schlucht als auch in allen, die Schlucht umgebenden Felsen. Die Wände sind bis 300 m hoch, der Fels ist aber teilweise sehr brüchig und die Klettereien sind oft auf eine Seillänge beschränkt. Die Mehrseillängenrouten müssen zudem oft selber abgesichert werden. Die Routen älteren Charakters weisen oft grössere Hakenabstände auf als die moderneren Routen. Als besonderen Leckerbissen wird die Schlucht vom Camino del Rey durchzogen, einem in Schwindel erregender Höhe aus Stahl und Mauerwerk erstellten Kontrollweg der ehemaligen Wasserkanäle, der sich als Folge des fortgeschrittenen Alters langsam auflöst und zu unserem Glück mit Stahlseilen à la Klettersteig abgesichert ist.
Wir werden von Esther Gresch und Bruno Müller begleitet, beides langjährige SAC-Mitglieder und unser Durchschnittsalter (welches von mir persönlich um einige Jahrzehnte nach unten gedrückt wird!!) liegt bei ca. 52.8 Jahren! Die durchschnittliche Kletterleistung (welche ebenfalls von mir persönlich um einige Grade nach unten gedrückt wird) liegt so ungefähr bei 6b (7-), natürlich wie immer abhängig von der effektiven Be- oder Misswertung, je nach Standpunkt und Tagesform.
Unsere Unterkunft wird von einem jungen deutschen Paar geführt (www.klettern-in-spanien.de) und bietet allen erdenklichen Komfort: Riesiges Frühstückbuffet, Badezimmer mit Dusche und WC, Gästekühlschrank, Hausbar, Gemeinschaftsküche, Swimmingpool, Slackline und Boulderwand (für die niemals satten oder als Schlechtwetter-Programm für Kultur-Banausen). Im Preis inbegriffen sind also ein ausserordentlich gutes Frühstück und ein selbst gebastelter Lunch vom Buffet (soviel du willst) mit einer 1.5-Liter-Flasche Mineralwasser.
Da unsere Ziele immer weiter von zu Hause entfernt liegen, nehmen wir anstelle des Bikes als Ausgleich zum Klettern neuerdings Krimis zum Lesen mit. Das ist für den Transport wesentlich einfacher und belastet den Kreislauf nicht so sehr. Diesmal habe ich zwei Mal 600 Seiten dabei und dies sollte tatsächlich nicht ausreichen!
Bei unserer Ankunft erwarten uns die letzten Regentropfen der vergangenen Tage und ein angenehm kühler Wind. Die bereits anwesenden Kletterer beklagen sich über 5 Regentage. Im nahe gelegenen Restaurant Rocca bella werden wir vorzüglich bedient und sowohl die Grösse als auch die Qualität der Portionen überrascht uns positiv. Der Heimweg wird nicht nur feucht, nein sogar sehr nass, da wir von einem heftigen Gewitter begleitet werden. Esther, Bruno und Mini organisieren sich zusätzliche Wolldecken zum Schlafen, ich begnüge mich mit dem vorhandenen Duvet, wir sind ja schliesslich in Südspanien (quasi auf Höhe Tunis, wie Bruno zu sagen pflegt!).
Der Montagmorgen bringt dann Sonnenschein aber auch einen kalten Wind. Trotzdem lassen wir es uns nicht entgehen, ersten Kontakt zu den Felsen aufzunehmen und es ist schon fast eine Pflicht, dass wir Schweizer dies im Sektor Escalera suiza machen. Am nächsten Tag sind wir im Sektor der Österreicher unterwegs und am dritten Tag steigen wir in eine klassische Mehrseillängentour ein. Nach vier Seillängen seilen wir wieder ab, da der Fels nicht allzu fest und die Absicherung teilweise etwas „alpin“ zu beurteilen ist. Anstelle weiterer Klettereien beschliessen wir, uns den Camino del Rey einmal näher anzuschauen. Auf einen ersten Blick scheint uns der Zustieg ohne zusätzliche Seilsicherung zu gefährlich und wir beschliessen durch die illegal zu begehenden Tunnels der Eisenbahn in die Schlucht zu laufen und uns ein wenig umzuschauen. In der Schlucht stellen wir fest, dass auf diesem Weg der Camino nicht zu erreichen ist. So überqueren wir den Bach und steigen von Hinten (unnötigerweise durch ein trockenes Wasser-Tunnel) in den Camino ein. Wir folgen dem Weg an Stahlseilen gesichert über luftige Stahlträger und Brücken auf dem abbröckelnden Weg und steigen zuletzt das Einstiegsstück ohne grössere Probleme ab. Vielleicht hätten wir den Einstieg genauer unter die Lupe nehmen sollen, dann wären wir sicher direkt eingestiegen.
Am Donnerstag haben die Finger das erste Mal eine Ruhepause verdient und wir machen uns auf den Weg nach Granada, denn hier ist die berühmte Alhambra zu besichtigen. Nur, wer in der Hauptsaison in die Alhambra möchte, muss dies schon lange im Voraus planen, denn Eintritte bekommt man nur auf Bestellung. So trollen wir uns wieder vom Platz und fahren in die nahe gelegene Sierra Nevada, soweit hinauf, wie der Schnee dies zulässt. Genau auf 2’500 müm ist es dann soweit und wir sehen gerade noch eine Gruppe Skitouren-Läufer bei der Rückkehr von einer mehrtägigen Durchquerung den Berg herunter fahren.
Die folgenden zwei Tage verbringen wir in den schattigen Klettergebieten auf der Nordseite der Schlucht, wobei am Samstag enorm viele Kletterer auftauchen und der Kletterspass dadurch etwas eingeschränkt wird. Dafür belohnen die Klettergebiete mit einer wunderschönen Aussicht auf das Hinterland und die Stauseen. Um uns dem Volksansturm etwas zu entziehen, beschliessen wir den Sonntag als Ruhetag zu nutzen und fahren in das nahe gelegene El Torcal und bewundern die interessant geformten Kalksteinformationen. Abends brauchen Mini und Bruno noch ein paar Seillängen, damit sie in aller Ruhe schlafen können, während Esther und ich uns mit ein paar Seiten Krimi begnügen.
Auch die zweite Woche ist mehrheitlich von Klettereien bestimmt. Wir besuchen auch das Klettergebiet Turon auf dem Weg nach Ronda. Der Zustieg zum Gebiet macht uns zwar etwas Schwierigkeiten, aber dafür werden wir für einmal mit etwas weniger steilen Plattenkletterein belohnt. Der Abend in Ronda ist erwähnenswert. Das auf eine ca. 100 m hohe Klippe gebaute Ronda beheimatet die grösste Stierkampfarena und eine Reihe wunderschön gelegener Restaurants. So dinieren wir als einzige Touristen auf einem Balkon 20 cm neben einem 100 m tiefen Abgrund mit wunderschöner Abendstimmung. Die Stimmung wird nur durch den etwas kalten Wind vermiest, welcher auch die übrigen Touristen vom gleichen Ansinnen abgehalten hat.
Durch die Hitzebedingten Ruhezeiten musste ich die ebenfalls in der Unterkunft vorhandene Bibliothek in Anspruch nehmen. Dank der deutschen Führung der Unterkunft ist auch die Bibliothek mehrheitlich in deutscher Sprache.
Wir haben an 10 Klettertagen rund 80 Seillängen geklettert, viele davon über 30 m lang und eigentlich alle richtig anspruchsvoll. Das Gebiet ist noch lange nicht erschöpft und dank der vorzüglichen Unterkunft und den sehr schönen landschaftlichen Eindrücken könnte ich mir vorstellen, dass wir hier nicht das letzte Mal gewesen sind.

BerichterstatterIn
Michael Kirsch