Mein Sommer

Startdatum31.7.21
Enddatum1.8.21

Tourenbericht

TeilnehmerInnen
Verhältnisse
Sonne, Schnee, Meer, -5° bis +40°

Nach 25 Jahren arbeiten im Spital nehme ich zum ersten Mal drei Monate frei (Urlaub, Dienstaltersurlaub, UU).
Geplant ist eigenlich ein Berg- und Kletterurlaub, geklappt hat das nicht ganz, zu viel Schnee, zu viel Corona…
Nach der ersten Urlaubswoche im Wallis gings erstmal nach Mallorca zum Klettern, eine der wenigen Destinationen, welche anfangs Mai möglich waren. Dort kletterten wir etwa zehn Tage in unterschiedlichen Klettergärten der Insel. Leider waren die Mietwagenpreise dermassen hoch (>1000fr/woche), dass wir zwei Wochen mit dem Roller zum Klettern fuhren. Also zwei Personen, 80m Seil, komplette Ausrüstung. Später in Griechenland sollten wir sehen, dass da noch viel mehr geht…
Ich war das erste Mal auf Mallorca, mein Fazit: ich würde wieder hinfliegen, tolle Landschaften und Städte, sehr velofreundlich, die Klettergärten interessant, aber zum Teil altes Material, hart bewertet, schwer.
Danach zurück in der Schweiz, entscheiden wir uns spontan nach Griechenland zu fahren.
Wir nehmen Kletterzeug, Windsurfausrüstung und Campingmaterial mit.
Über Ancona gehts nach Igouminitsa.
Anfangs mussten wir uns etwas an die griechischen Verhältnisse gewöhnen, die Autos mehrheitlich aus den frühen Neunzigern, viele Bauruinen, das Land spärlich besiedelt, wenig Tourismus, viel weniger Menschen, ganz anders als bei uns.
Die erste Woche gingen wir Windsurfen auf Lefkada, danach fuhren wir nach Kastraki ins Meteoragebirge zum Klettern.
Die Kletterrouten wurden von meinen Landsleuten im sächsischen Stil erschlossen (also von unten, mit weiten Hakenabständen).
Für mich die schönsten Klettereien dieses Urlaubs, für meine Freundin die wesentlich stärker klettert als ich, eher nicht, sie hat mir halt eine Freude gemacht…
Wir kletterten unter anderem den „Pillar of Dreams“, 5c+, 9SL eine Route, vor der ich so viel Respekt hatte, dass ich die Nacht davor nicht schlief. Die Hakenabstände sind mehrheitlich 10-15m, zusätzliche Sicherungen kann man nur in Rissen legen.
Nach Meteora gings zum Olymp, eine tolle Tagestour mit 2000m Auf- und Abstieg.
In Athen dann Sightseeing, ganz nett, aber auch schön dann wieder aufs Land zu kommen.
Der Höhepunkt des Urlaubs dann Kyparissi, ein einsames Fischerdorf auf den Peleponnes, welches sich langsam zum Klettermekka entwickelt.
Die lokalen Hotels zahlen zum Beispiel das Hakenmaterial, um neue Klettergärten auszurüsten. So können sie die Touristensaison um einige Monate im Winter verlängern, ähnlich wie im nahen Leonidio.
Die Klettergärten sind alle sehr gut ausgerüstet, im Sommer muss man schauen welche Exposition man wählt, sonst wird es zu heiss.
Nach vier Wochen Griechenland gings zurück nach Italien an den Gardasee zum Windsurfen für eine Woche.
Danach in meine alte Heimat, nach Dresden auf Familienbesuch.
Anfang Juli gings dann endlich in die Alpen, zuerst nach Pontresina auf die Tschiervahütte. Plan war der Biancograt mit Abstieg zur Diavolezza zur Aklimatisation und am nächsten Tag der Bumilerpfeiler…soweit der Plan.
Der Biancograt ging ja noch ganz gut, der Abstieg via Fortezzagrat und Wiederaufstieg zur Diavolezza zog sich dann aber massiv. Nach zwei Monaten auf Meereshöhe und nur Sportklettern waren wir nix mehr gewöhnt.
Zum Glück waren die Verhältnisse am Bumiler auch nicht so gut.
Zwei Tage später gings zum Zinalrothorn, eigentlich machte es keinen Sinn, hatte es doch kurz vorher bis 3000m geschneit. Die Hütte war reserviert, aber aufgrund der No-Show-gebühr sind wir dann gegangen.
Der Hüttenwart warnte uns vor Lawinen beim Abstieg, völlig berechtigt. Wir kamen bis vor die Gabel auf 3900m, kehrten aber um, weil einfach zuviel Schnee lag. Der wurde dann im Abstieg morgens um 9.00 Uhr auch schon recht faul, so dass wir froh waren die 35-40° schnell verlassen zu können.
Da Meli in Leukerbad eine Alphütte hat, konnten wir dort die folgende Woche das schlechte Wetter aussitzen und „zuschlagen“ wenn sich die Chance bietet.
Mitte Juli war es dann soweit, eine Woche mit bestem Wetter, wenn auch noch viel Schnee in der Höhe. Wir reservierten vier Nächte auf der Turinerhütte, um von dort aus Touren zu machen.
Am ersten Tag fuhren wir von Courmayeur mit der Bahn, sehr bequem zur Hütte, erkundeten den Weg zur Tour Ronde, um am nächsten Tag die Nordwand zu machen (laut Hüttenwart beste Verhältnisse!).
Wir starteten nach einer schlaflosen Nacht um 3.40 Uhr. Als wir vor die Hütte treten ist es sehr mild, nicht gut. Ich hätte eigentlich knackige Kälte erwartet auf 3300m, aber leider war die Nacht bedeckt. Wir stiefeln los Richtung Tour Ronde und brechen in der Spur dauernd ein, die Hoffnung ist, dass es weiter Richtung Mont Blanc besser wird.
Als wir vor die Wand kommen, hören wir schon das Wasser fliessen. Für mich kein gutes Zeichen, bin ich doch schon einmal bei solchen Bedingungen in eine N-Wand eingestiegen und hatte die ganze Zeit Steinschlag.
Wir entscheiden uns für den Normalweg über den Südostgrat, auch nicht so einfach, aber sicherer.
Am Abend erzählen ein paar Ösis das sie in der Nordwand waren, die Verhältnisse waren gut, aber eine Seilschaft welche nach ihnen kam ist in Steinschlag gekommen und musste per Heli ins Spital.
Am nächsten Tag wollten wir auf den Mont Maudit über den Kuffnergrat, eine Tour welche ich schon kannte, hatte aber trotzdem reichlich Respekt.
Wecken 1.00 Uhr, Start kurz vor zwei an der Hütte. Die Verhältnisse heute ganz anders, sehr kalt, klarer Himmel, harte Spur, herrlich!
Nach reichlich 1,5h konnten wir den Grat über ein 300hm Couloir 50° im harten Schnee erreichen. Alles mit Stirnlampe, viel steiler Schnee, etwas Kletterei, erreichen wir bei Sonnenaufgang die Demi Lune, eine riesige, steile Schneewächte. Hier hatte jemand sogar eine Plattform für eine Zelt gegraben!
Danach im Mixedgelände bis zum Gipfelgrat, am Vorgipfel noch einmal kurz Stress, wir müssen an einem T-Schlitz über eine Eisflanke abseilen, dann stehen wir 9.00 Uhr morgens auf dem Gipfel auf 4400m.
Es folgt der lange Rückweg zur Turinerhütte. Wir haben nicht mehr soviel Lust auf Hochtouren, wollen uns lieber etwas erholen und fahren am Nachmittag ins Tal, um im Val Ferret zu campen.
Was folgt sind noch zwei Mehrseillängentouren, eine in Chamonix, der Cordierpfeiler und im Furkagebiet am Gross Bielenhorn die Nolens Volens.
Im Nachinein bin ich sehr froh, dass ich nicht drei Monate Klettern und Bergsteigen konnte, vor allem Griechenland hat mich sehr beeindruckt.
Ohne Corona und die daraus resultierenden Einschränkungen hätten wir wahrscheinlich vieles nicht gesehen und wären auf gewohnten Pfaden unterwegs gewesen.

BerichterstatterIn
Gunther Karpf